Jetzt im Herbst, der ja nach der traditionellen chinesischen Medizin, genauso wie der scharfe Geschmack dem Metallelement zugeordnet wird, bietet es sich natürlich an über eine gewisse Schärfe in unserem Leben zu schreiben. Ich persönlich bevorzuge ja Schärfe vor allem bei meinen Messern und angeblich auch bei meiner Wortwahl (wie mir manchmal unterstellt wird…). Vermutlich brauch ich persönlich auch deshalb im Essen keine extreme Schärfe, wie jene von Chilis zum Beispiel! ;-)
Der scharfe Geschmack hat eine zerstreuende Wirkung in unserem Körper und bringt somit unser Qi, also unsere Lebensenergie in Bewegung. Das kann vermutlich jeder bestätigen, der öfter mal scharf isst, wenn man die Hitze plötzlich im ganzen Körper spürt und die Poren einem den Schweiß an die Oberfläche treiben. Das muss im Übrigen jetzt gar keine extreme Schärfe sein. Denn auch ein Gericht mit einer Menge gerösteten Zwiebel oder Knoblauch kann eine extrem erhitzende Wirkung auf unseren Organismus haben. Diese Wirkung ist super, wenn wir im Winter unterkühlt von einem langen Spaziergang nach Hause kommen oder möglicherweise sogar mit einer schwachen Libido und in weiterer Folge gar Unfruchtbarkeit aufgrund einem Zuviel an Kälte in unserem Körper zu kämpfen haben. Auch für Menschen die vorwiegend vegan essen, sind diese scharfen warmen Gewürze sehr zu empfehlen, da bei veganer Ernährung häufig viele Lebensmittel mit sehr kühlenden Qualitäten zum Einsatz kommen, welche die generelle Verdauungskraft senken und in Folge irgendwann die Nieren (= die „Feuerstelle“ in unserem Körper) auskühlen lassen. Ein gewisses Maß an Schärfe im Essen kann hier somit einen Ausgleich schaffen.
Wenn man jedoch ohnehin hitzig und aufbrausend oder gar mit Gallensteinen konfrontiert ist, dann sollte man jedenfalls die Finger von den scharfen und heißen Dingen wie Knoblauch, Zwiebel, Chili, Yogi Tee, Schnäpsen etc. lassen. Die einzige Schärfe, die man bei solchen Zuständen dann zu sich nehmen sollte ist jene mit kühlenden Qualitäten, wie das zum Beispiel bei Meerrettich, Eukalyptus oder Pfefferminze der Fall ist. Und weil wir gerade bei Meerrettich sind… die meisten werden vermutlich die massive Wirkung dieses Gewächses auf die Atemwege bestätigen können. Und genau diese werden, genauso wie Lunge und Dickdarm dem Metallelement zugeschrieben. Der scharfe Geschmack bringt also Bewegung in den Organismus und treibt quasi das Innere nach Außen, weshalb auch die Haut an unserer Körperaußenseite ein Indikator für diverse Ungleichgewichte im Metallelement ist. Unreine Haut ist daher zum Beispiel oft ein Zeichen, dass etwas im Dickdarm nicht ganz so optimal läuft.
Diese körperliche Sichtweise lässt sich auch perfekt auch auf unsere Persönlichkeit übertragen. Denn das Metallelement steht auch für Ordnung und Geradlinigkeit. Wenn uns unser Innerstes plötzlich be-wusst wird und wir auf einmal ganz klar danach auch im Außen handeln können, dann haben wir meistens die absolute Klarheit die natürlich auch eine gewisse Schärfe bzw. Präzession mit sich bringt. Diese ist allerdings nicht immer für jeden bequem und man kann sich oder jemand anderen wie mit einem scharfen Messer auch schnell mal in den Finger oder eben „ins Herz“ schneiden. Interessanterweise wird das Herz, genauso wie die geistige Klarheit, in der TCM übrigens dem Feuerelement (u.a. Lebensfreude, Begeisterung, Leidenschaft) zugeordnet, welches wiederum durch ein Übermaß an Metall (u.a. Rationalität, Disziplin, Trauer) verletzt werden kann, weil ein Übermaß an Metall dem Feuer irgendwann die Hitze entzieht.
Das klingt jetzt für einige Nicht-TCM-Kundigen da draußen vermutlich alles ein wenig nach Voodoo oder Hokuspokus. Die Sichtweise in der traditionellen chinesischen Medizin ist eine sehr Bildhafte, die jedoch wenn man sie zerlegt in den meisten Fällen sehr präzise ist, was die Naturgesetze (die sich eben nicht nur auf die Materie - unseren Körper beschränken) betrifft. Denn wenn wir die „5-Elemente-Schablone“ einfach mal entfernen, ist es doch total logisch, dass zum Beispiel ein Leben voller Strenge und Disziplin einem irgendwann einmal die Lebensfreude nimmt, oder? Umgekehrt wäre es auf Dauer ebenso fatal, wenn wir nur mehr in der Euphorie und Begeisterung hängen bleiben würden und uns dadurch die Ordnung und Struktur irgendwann abhanden kommt. Es geht daher immer um die richtige Balance. Alles hängt mit allem zusammen – ob wir es glauben oder nicht! Geist schafft Materie oder in gewisser Weise vielleicht auch umgekehrt…?! ;-)
Deshalb… die Schärfe immer sachte und mit Bedacht dosieren. Wir wollen ja körperlich unsere Säfte und im Großen und Ganzen unser Umfeld nicht verletzen! Da fällt mir doch gerade ein… der scharfe Geschmack ist ja auch rein biologisch betrachtet gar kein Geschmack im klassischen Sinne, sondern ein Reflex, der die Schmerzrezeptoren in unserem Körper anspricht. Somit kann man tatsächlich von körperlichen und seelischen Schmerzen sprechen, die durch übermäßige Schärfe (egal ob durch Worte, Gewürze oder Klingen) verursacht werden.
So… ich hoffe ich habe mich diesmal sachte genug ausgedrückt und mit diesem kleinen Exkurs in die ganzheitliche Sicht der Dinge keinen allzu sehr verwirrt! ;-)
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